„...an dich knüpft die Seele ein magisches Band...“
Klavierabend mit Werken von Janáček, Rihm, Zelenka und Schubert
L. Janáček (1854‑1928) | Tema con variazioni JW VIII/6 (Zdenka-Variationen) |
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W. Rihm (*1952) | Ländler (1979) |
J. D. Zelenka (1679‑1745) | 1. Triosonate F‑Dur ZWV 181 bearbeitet für Klavier von F. Thomas |
F. Schubert (1797‑1828) | Sonate für Klavier a‑Moll D 845 |
In diesem Programm werden der Sonate a-Moll D 845 von Franz Schubert drei Werke vorangestellt: die „Zdenka-Variationen“ von Leoš Janáček, der „Ländler“ von Wolfgang Rihm und die erste Triosonate von Jan Dismas Zelenka in einer Bearbeitung für Klavier.
Die Sonate von Schubert, eines der ersten großen Klavierwerke von ihm, das im Druck erschienen ist, wurde 1825 als "Première Grande Sonate" veröffentlicht und erhebt damit einen hohen Geltungsanspruch. Schubert zitiert im ersten Satz eine Melodiewendung seines Liedes „Totengräbers Heimweh“, das Sehnsucht – Todessehnsucht – und Einsamkeit thematisiert, das von Grabestiefe und Transzendenz erzählt – eine Thematik, die insbesondere in den letzten Lebensjahren Schuberts vielfältig zum Tragen kommt. Die Sonate umfasst ein weites Feld: Größe, Dramatik und Abgründigkeit, aber auch Innerlichkeit, auch Grenzenlosigkeit und Seligkeit.
Seine sechs Triosonaten hat Zelenka, seit 1710 in Diensten des sächsischen Hofes stehend, nach einem mehrjährigen Studienaufenthalt in Wien in den Jahren 1721 und 1722 geschrieben. Die Sonaten sind auf ihre Art ungewöhnliche Werke. Die Stimmen umspielen sich, umgarnen sich, weite Strecken sind von leuchtender, gleißender Figuration und virtuoser Spiellaune geprägt. Aber es mischt sich immer wieder der Affekt von Schmerz und Leid in die Musik. Der Formaufbau ist oft überraschend, nicht zuletzt ist er durch mathematische Proportionsverhältnisse bestimmt, ganz im Geiste der Zeit. In der musikalischen Erscheinung sind es Verzögerungen, Trugschlüsse und Abbrüche, es sind immer wieder unerwartete Modulationen, Stauchungen und Dehnungen, die den Verlauf prägen. Manche vermuten nach semantischer Analyse des Notentextes ein in den musikalischen Figuren verklausuliertes Bekenntnis geheim gehaltener Liebe aus der Wiener Zeit. Welche Tiefenschichten man auch annimmt, sowohl Agilität - fast Unruhe - als auch Sehnsucht und Melancholie bestimmen die Sonate und verhelfen ihr zu ihrer berührenden Qualität
Der "Ländler“ von 1979 von Wolfgang Rihm lässt an Tänze von Schubert denken. Er lässt - langsam schreitend - wie eine Erinnerung die Idee vergangener musikalischer Welten entstehen. Die Motive tauchen wie Gestalten aus dieser Vergangenheit auf, scheinen auf und versinken wieder, kommen nah und entfernen sich. Und doch ist die Musik als Ganzes gegenwärtig. Wie auf ihrem Weg durch die Zeit verändert, verwandelt, auch gestört. Denn es ist nicht einfach ein Spiel mit Zitaten. Die Figuren begegnen uns im Hier und Jetzt, sind zwar verschlossen-geheimnisvoll, aber rätselhafterweise dennoch ebenso mitteilsam und verständlich. Der Blick in die Zeit ist nicht einfach ein Blick zurück. Und doch ist Sehnsucht fühlbar.
Die „Zdenka-Variationen“ sind als frühes Werk Janáčeks während der Zeit seiner Leipziger Studien 1879/80 entstanden. Sie verdanken ihren Namen der Widmungsträgerin, seiner damaligen Verlobten und späteren Frau Zdenka. Den Variationen ist ein Hauch Salonduft und Virtuosität eigen, gleichzeitig zieht sich durch die empfindsame Melodie des Themas ein Grundton von süßer Wehmut - die Verbindung der Variationen mit seiner großen Liebe lässt sich leicht nachfühlen. In diesem Frühwerk finden sich aber auch schon formale Härten und die unvermittelte Kombination musikalischer Ideen, eine Eigenart, die sich im späteren Schaffen Janáčeks ausprägt und einem impulsiven und direkten musikalischen Ausdruckswillen folgt. Janáček hat in sehr persönlicher Weise an der Grenze zur Moderne seine Wege gefunden und Konventionen überwunden. Auch das nachträgliche Wissen um dieses sich ankündigende Ende von tradierter Sprachgewohnheit gibt dem Werk einen eigentümlich melancholisch-sehnsüchtigen Reiz.
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